Die Eiche

Die Eiche (… gibt es gar nicht)

In Deutschland kommen hauptsächlich zwei Arten der Eiche vor. Zum einen die Traubeneiche (Wintereiche), zum anderen die Stieleiche (Sommereiche).
Die beiden Arten ähneln sich. Verwechslungsgefahr besteht zudem, weil es auch zu Kreuzungen zwischen beiden Arten kommen kann. Sie werden beide bis zu 40 Meter hoch und erreichen dabei ein Alter von bis zu 1.000 Jahren, selten auch noch älter. Die Traubeneiche ist mit einem Durchmesser von bis zu zwei Metern in der Regel etwas dünner als die Stieleiche. Diese erreicht im Wald wachsend nämlich einen Durchmesser von bis zu drei Metern. Bei frei stehenden Stieleichen wurde sogar schon ein Durchmesser von acht Metern gemessen. Beide verfügen über kräftige Pfahlwurzeln, die ihnen zu einem sicheren Stand verhelfen.

Daneben gibt es noch weitere Unterscheidungsmerkmale:
Die Früchte der Stieleiche sitzen an – den namensgebenden - langen Stielen. Der Name der Traubeneiche ist ebenfalls auf die Anordnung der Früchte zurückzuführen. Hier sind sie an kurzen Stielen in dichten Trauben angeordnet.
Genau anders herum verhält es sich mit den Blättern. Diese sind bei der Stieleiche kurzstielig und bei den Traubeneichen langstielig. Auch die umgangssprachlichen Namen Winter- und Sommereiche weisen auf Unterschiede hin. Die Stieleiche (Sommereiche) hat einen höheren Wärmeanspruch als die Traubeneiche. Bei der Traubeneiche hängen die Blätter oft noch im Winter an den Zweigen (daher Wintereiche).
Beide Arten stellen jeweils etwa 5 % des Waldbestandes in Deutschland. Mit diesen insgesamt 10 % belegen sie Rang zwei auf der Liste der häufigsten Laubbaumarten. Angeführt wird diese Liste übrigens von der Buche mit etwa 15 %.

Eichenfraßgesellschaft

Wildschweine lieben Eicheln. Und viele andere Tiere auch. Allerdings ist die Eichel nicht der einzige Teil der Eiche, der gerne vernascht wird. Auch die Eichenblätter erfreuen sich großer Beliebtheit. Sogar einer größeren als die Eicheln: Betrachten wir alleine die Schmetterlinge, kommen wir auf die unglaubliche Zahl von über 250 Arten, die sich mehr oder weniger spezialisiert von Eichenblättern ernähren.

Unter all den Eichenliebhabern gibt es auch ein paar, die sich auf die Eiche festgelegt haben. Diese Arten, passend als Eichenfraßgesellschaft bezeichnet, können, sofern die Voraussetzungen stimmen, einen ganzen Baum kahl fressen. Die bekannteste unter ihnen dürfte der Eichenprozessionsspinner sein. Auch der Eichenwickler, der Frostspanner und andere Arten zählen dazu.
Allerdings, und diese Tatsache ist leider weitaus weniger bekannt, sind die Eichen der Eichenfraßgesellschaft nicht hilflos ausgeliefert. Ganz im Gegenteil: Im Laufe der Evolution haben die Bäume einen Trick entwickelt, der sie vor dem blattlosen Niedergang bewahrt. Sie können den sogenannten Johannistrieb auszubilden. Das ist nichts weiter als ein zweiter Blattaustrieb. Er findet zeitlich meist um den 24. Juni, dem namensgebenden Johannistag, statt. Die von der Eichenfraßgesellschaft verursachten Schäden werden somit durch den Baum behoben, noch bevor sie ein existenzielles Problem für ihn darstellen.

Doch fast alles im Leben hat seinen Preis. So auch der zweite Blattaustrieb, und das sogar in zweierlei Hinsicht. Zum einen wird in einem Jahr, in dem der Eiche ein solches Ereignis widerfährt, ihre Holzproduktion vermindert. Das ist mit Blick auf die Jahresringe messbar. Zum anderen produziert die Eiche in diesen Jahren wenig bis keine Eicheln. In einem natürlichen Wald ist das für den Fortbestand des Baumes kein Problem. Problematisch wird es erst dann, wenn die Bedingungen unnatürlich sind. Nur dann gibt es kein Gleichgewicht zwischen Eichenfraßgesellschaft, deren Feinden und der Eiche.

Warum die Eiche nach Europa kam

Viele Eichenwälder in Europa sind auf einen anthropogenen (menschlichen) Einfluss zurückzuführen. Die Eiche bot den Menschen einige Vorteile gegenüber der vorherrschenden Buche, die sich die Menschen zunutze machten. Beispielsweise sind Eichen sehr viel besser geeignet für den Mittelwaldanbau. Bei dieser historischen Waldnutzungsform wurde ein Wald mit zwei Etagen geschaffen. Dabei durften die großen Bäume (die obere Etage) wachsen und alt werden, um dann bei Zeiten dicke, ertragreiche Stämme fällen zu können. Die untere Etage wurde rund alle dreißig Jahre „abgeerntet“ und meist als Brennholz genutzt.

Was Eicheln alles können - in der Natur

Die Eiche bietet vielen Tieren einen Lebensraum. So wurden auf ihr beispielsweise über 170 Großschmetterlingsarten und über 500 Holz besiedelnde Käfer nachgewiesen. Hinzu kommen Arten, die sich, wie der Eichelhäher, von ihr ernähren. So erfreuen sich auch Wildschwein, Reh, Hirsch, Eichhörnchen und viele andere Tiere an Eicheln als Nahrungsquelle.

Über die Eicheln verbreitet sich der Baum und ist zählt dabei auf die fleißige Mitarbeit von diversen Helfern aus dem Tierreich. Der Eichelhäher ist dabei von herausragender Bedeutung. Denn ein einziger Eichelhäher kann in einem Herbst bis zu 5.000 Eicheln verstecken. Natürlich findet er im Winter nicht alle Verstecke wieder und trägt somit sehr zur Ausbreitung der Eiche bei.

Das Mastjahr

Doch was tun, wenn so viele Tiere hinter den Früchten her sind, die doch eigentlich für die eigene Verbreitung gedacht sind? Problem erkannt, Problem gebannt: In unregelmäßigen Abständen produzieren Eichen so viele Früchte, dass es schlicht unmöglich ist, dass alle gefressen werden. Heute kennen wir dieses Phänomen unter der Bezeichnung "Mastjahr".

Die Bezeichnung zeigt, wie eng wir Menschen mit diesem Phänomen verbunden waren. Unsere Vorfahren waren es, die das Überangebot an Eicheln zu ihren Zwecken zu nutzen wussten. So wurden (nicht nur, aber vor allem) in den Mastjahren, Schweine in den Wald getrieben. An den Eicheln sollten sich die Tiere satt und groß fressen. Die öl- und stärkemehlhaltigen Eicheln waren dafür bestens geeignet. Noch heute kann man die Überreste dieser Art der Waldnutzung in einigen Gegenden Deutschlands erkennen.

symbolträchtig, mhytisch und bedeutungsvoll

Mit einem Gewicht von bis zu 30.000 Kilogramm ist sie nur selten Opfer von Stürmen. In dieser Standfestigkeit, die mit den tiefen Pfahlwurzeln zu erklären ist, liegt wohl die Ursache für eine Vielzahl von Geschichten, die sich um die Eiche ranken. Ich möchte hier ein paar davon erzählen. Es sind allerdings so viele, dass nicht alle hier Platz finden werden.

Schon in der Steinzeit wurde herausragenden Persönlichkeiten, Priestern und Stammesführern die Ehre zu Teil, in einem Baumsarg beerdigt zu werden. Diese bestanden aus ausgehöhlten, gespaltenen Eichenstämmen.

Die Germanen weihten die Eiche dem Kriegs- und Gewittergott Donar. Sie war zu jener Zeit, im wahrsten Sinne des Wortes, von zentraler Bedeutung. Der germanische Stamm der Chatten (auch „Katten“ geschrieben) nutze eine - im Mittelpunkt des Stammesgebietes stehende - Donareiche für religiöse Feiern. Unter dieser Eiche wurden auch Gerichtsverhandlungen abgehalten. Die Symbolkraft dieser Eiche hat sich wohl bis zu den Katholiken herumgesprochen. So sorgte Papst Gregor II durch einen Erlass dafür, dass diese Eiche im Zuge der Christianisierung im Jahre 723 gefällt wurde.

Auch für die Kelten war die Eiche von großer Wichtigkeit. Hier war der Baum dem Wettergott Taranis geweiht. Allerdings galt hier die Verehrung nicht der Eiche allein. Von mindestens genau so hoher Bedeutung war die auf ihr wachsende Riemenblume (auch Eichenmistel genannt). Für keltische Druiden verkörperte die Eiche das männliche, die Eichenmistel das weibliche Prinzip. Die Herkunft der Bezeichnung Druide lässt sich nicht eindeutig bestimmen - die Meinungen der Wissenschaft gehen hier auseinander. Eine Erklärung ist allerdings wie gemacht für diesen Artikel. Sie besagt, dass der Name auf die altgriechische Vokabel δρυς (drys), was Eiche bedeutet, zurückgeht. Aber wie gesagt: Diese Herleitung ist kein wissenschaftlicher Konsens.
Die auf der Eiche wachsenden Misteln wurden von den Druiden mit goldenen Sicheln geerntet. Um eine Berührung der göttlichen Pflanze mit dem irdischen Boden zu verhindern, wurden sie mit weißen Leinentüchern aufgefangen. Berührte die Pflanze den Boden, so hat sie ihre Heilwirkung verloren.

Es wird heute aber als eher unwahrscheinlich betrachtet, dass die Mistel nur wegen ihrer heilenden Wirkungen verehrt wurde. Mehr noch wird vermutet, dass ihr immergrünes Laub einen hohen mystisch-symbolischen Wert für die Kelten hatte. Dodona war nach Delphi der bedeutendste überregionale Orakelort der griechischen Welt. Hier wurden Botschaften aus dem Rauschen der Blätter einer dem Zeus heiligen Eiche gelesen. Zusätzlich wurden der Flug und das Gurren der dort lebend Tauben mit einbezogen.

Für die Israeliten war die Eiche ein Zeichen für Lebensfülle. Bei den Römern war sie Jupiter geweiht. Bei den Galliern galten Eichenwälder als heilige Orte. Sie brachten den höchsten und stärksten Eichen Opfer dar. Auch in der Bibel stößt man dann und wann auf die Eiche.

Eine Lebensdauer von über 1.000 Jahren, die erste Blüte mit etwa 60 Jahren, eine mächtige Krone, eine tief gefurchte Rinde und ein unverwüstliches Holz. Vermutlich sind auch dies Eigenschaften, die der Entstehung der Geschichten um die Eiche zuträglich waren. Schaut man genau hin, so begegnet einem die Eiche - zumeist in Form von Eicheln, Eichenblättern oder Eichenkränzen - auch heute noch auf einer Vielzahl von Wappen und Ähnlichem. Und dennoch, den Stellenwert, den wir einer Eiche geben, hat sich Laufe der Jahrhunderte stark gewandelt. Von der Mythologie über die Bedeutung für die Ernährung (für Tier inkl. Mensch) ist es heute das Holz, das der Eiche ihren Wert gibt. Zumindest dann, wenn man es rein wirtschaftlich betrachtet.

Was Eicheln alles können - in der Küche

Doch damit ist die Geschichte der Eichel noch lange nicht zu Ende. Nur hat sie heute nicht mehr die Wichtigkeit, die sie zu den verschiedensten Zeiten der Geschichte für den Menschen gehabt hat.
Nun ja, denkt man an all die lustigen Eichelmännchen zurück, die man in seiner Kindheit gebastelt hat, kann man die Wichtigkeit von Eicheln nicht bestreiten. Eine schöne Erinnerung ist mit Geld schließlich nicht zu bezahlen.
Doch in der Küche wird die Eichel heute kaum noch genutzt. Früher kam sie dort auf vielfältige Weise zum Einsatz. Vor allem in Notzeiten wurde aus den nahrhaften Eicheln Mehl gemahlen. Zudem dienten sie geröstet als Kaffee-Ersatz. Eines sollte man hier allerdings beachten: Eicheln haben einen hohen Anteil an Gerbstoffen. Die lösen starke Magen-Darm- Beschwerden aus. Daher sollten Eicheln nicht roh konsumiert werden. Durch Wässern lassen sich die Gerbstoffe allerdings herauslösen.

Beim Wässern legt man geschälte und geröstete Eicheln in Wasser ein. Das Wasser verfärbt sich durch die abgegebene Gerbsäure braun und wird täglich gewechselt. Nimmt das Wasser keine braune Färbung mehr an, ist der Vorgang erfolgreich abgeschlossen. Nun können die Eicheln weiterverarbeitet werden. Zum haltbar machen, können die Eicheln püriert und zu einer Paste verarbeitet werden. Diese lässt sich problemlos einfrieren. Außerdem können die Eicheln getrocknet und zu Mehl gemahlen werden. Eichelmehl ist ein wahres Powerfood, noch dazu regional und überaus günstig zu haben. Etwa 45 % Proteine, 15 % Öl, dazu Stärke und Zucker machen Eichelmehl zu einem hervorragend zu verarbeitenden Mehl mit guter Klebewirkung. Die im Mehl enthaltenen langkettigen Kohlenhydrate geben über einen längeren Zeitraum Energie an den Körper ab.

Eichenholz

Eichenholz ist ein Hartholz. Was die Punkte Widerstandsfähigkeit und Langlebigkeit angeht, ist es bei den heimischen Baumarten ganz vorne mit dabei. Lärchenholz könnte ihm noch das Wasser reichen. Ansonsten ist die Konkurrenz gering. Da verwundert es nicht, dass zum Beispiel für den Bau von Eisenbahnlinien traditionell Eichenholz in Form von Schwellen verwendet wurde.

Qualitativ hochwertiges Eichenholz ist heute sehr teuer. Das hat verschiedene Gründe. Einer davon ist die Lagerung des Holzes nach dem Fällen: Eichen werden nicht direkt im Anschluss verarbeitet. Zumindest sollte man das nicht tun. Die Stämme werden erst gelagert – und zwar draußen. Früher geschah dies über mehrere Jahre. Heute wird die Lagerzeit meist stark verkürzt und die Stämme bereits nach 6 bis 18 Monaten der Verarbeitung zugeführt.

Die Art der Verarbeitung reicht von Fässern, Schiffen und Wasserrädern bis hin zu Furnier, Parkett und Möbeln. Somit wird Eichenholz in vielen Bereichen verwendet. Vor allem dort, wo viel Wert auf Qualität und Langlebigkeit gelegt wird.

Wer bei Eichenholz gedanklich die alte, rustikale Wohnzimmerschrankwand im Kopf hat und denkt, das Holz wäre heute out, irrt sich gewaltig. Denn die Eiche liegt im Trend, vor allem bei Fußböden. So sehr, dass der deutsche Wald den Bedarf nicht decken kann. Diese Tatsache spiegelt sich in den steigenden Preisen für Produkte aus heimischen Eichen wieder.
Das lässt sich auch durch eine vermehrte Anpflanzung nicht lösen. Denn die Eiche benötigt unter den heimischen Bäumen die längste Wachstumszeit, bis sie für eine Verarbeitung interessant wird. Allerfrühestens ist dies nach 120 Jahren der Fall. Besser noch sollte man der Eiche 180 bis 230 Jahre Zeit geben.

Somit ist ein schnelles Reagieren auf Modetrends im Wohnbereich schlicht nicht möglich. Dennoch wäre es sinnvoll, wenn die Forstwirtschaft sich ändern und vermehrt auf heimische Baumarten wie die Eiche setzen würde. Heute, das besagt die letzte Bundeswaldinventur*, macht die Eiche gerade einmal 9,6 % der deutschen Waldfläche aus. Verdammt wenig für ein Land, das früher vor allem von Laubwäldern bedeckt war. Eine Rückkehr zu früheren Zuständen würde für die Forstwirtschaft bedeuten, sich für die Zukunft zu rüsten.
Immerhin sind Monokulturen aus Nadelbäumen nicht nur ökologisch eine Katastrophe, sondern auch wirtschaftlich. Waldbrände, der Befall durch Borkenkäfer und das Umstürzen ganzer Wälder in Folge von Stürmen treten in naturnahen Laubmischwäldern seltener bis gar nicht auf.
Vor allem der letzte Sommer hat uns eindrucksvoll aufgezeigt, dass es höchste Zeit ist, aus Forsten wieder Wälder zu machen.

Übrigens: Unter Wasser gelagert ist Eichenholz nicht nur unendlich haltbar. Das Holz wird auch schwarz und noch härter.

 

*Bundeswaldinventur 2012

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