Die Rötelmaus

Mucksmäuschenstill leben sie unter uns – in Wäldern, auf Feldern oder in Gärten. Nur durch ein leises Rascheln machen sie sich bemerkbar, wenn sie sich durch Pflanzen und Laub hindurch ihre Wege suchen.

Hier lebt die Rötelmaus

Die Rötelmaus ist insgesamt sehr anpassungsfähig, was die Wahl ihres Lebensraumes angeht. So kommt sie auch in unserer direkten Nachbarschaft zurecht und besiedelt Gärten und Parks im urbanen Bereich. Einst war die Populationsdichte der Rötelmaus weitaus geringer als heute. Der Grund dafür sind wir selbst. Die Rötelmaus ist einer der wenigen Profiteure unserer starken Eingriffe in Ökosysteme und deren Zerstörung durch Kultivierung.

In einem natürlichen Buchenmischwald, wie er in Deutschland ohne die Eingriffe der Menschen dominieren würde, ist die Populationsdichte der Rötelmaus gering. Erst forstwirtschaftliche Eingriffe und die dadurch vielerorts entstandenen Plantagenwälder haben beste Voraussetzungen für die starke Vermehrung der Rötelmaus geschaffen.

Wie hängt das zusammen? Ein natürlicher Buchenmischwald ist in erster Linie eines: dunkel. Dadurch entwickelt sich unter den Bäumen nur wenig Bewuchs. Diesen sollte es im Rötemausparadies geben, am besten reichhaltig. Und das gleich aus zwei Gründen. Zum einen nutzt die Rötelmaus Bewuchs als Nahrungsquelle, hoch im Kurs stehen hier beispielsweise Beerengehölze. Zum anderen benötigt sie die Vegetation als Deckung. Sie legt hier ihr weitverzweigtes System aus Wegen an.
Im natürlichen Buchenmischwald findet sie beides nur selten. Zum Beispiel nach einem Windwurf. Die ursprünglichen Lebensräume der Rötelmaus liegen an Waldrändern, an Offenstellen im Wald oder im Offenland, das aber ausreichend Vegetation bietet. Durch unsere Eingriffe, vor allem in das Ökosystem Wald, haben wir der Rötelmaus hier perfekte Lebensbedingungen geschaffen. Nicht nur, aber auch aus diesem Grund wäre ein respektvollerer Umgang mit diesen Tieren mehr als angebracht.

Das isst die Rötelmaus

Die Rötelmaus ist breit aufgestellt, was ihren Speisezettel angeht. Je nach Jahreszeit ist ihr Tisch reich bis dürftig gedeckt. Im Frühling hat sie es vor allem auf das erste Grün abgesehen. Keimlinge, Kräuter und Gräser machen dann einen großen Teil ihrer Nahrung aus. Im Sommer, bis in den Herbst, wird die Nahrungspalette erweitert. Früchte, Pilze, Knospen und Samen werden emsig gesammelt und gefuttert. Im Winter ist der sprichwörtliche Schmalhans Küchenmeister. Denn in der Natur ist zu dieser Zeit nicht mehr viel zu finden. Deswegen wird vermehrt auf Baumrinde als Nahrung zurückgegriffen. Allerdings nicht nur. Denn die schlaue Maus hat vorgesorgt und Vorratsdepots angelegt. Hier findet sie alles, was sie im Sommer und Herbst nicht verbraucht hat, wie zum Beispiel Bucheckern oder Eicheln. Wer denkt, die Rötelmaus sei ein Vegetarier, der irrt. Denn über das ganze Jahr verteilt, ernährt sie sich ebenfalls von Würmern, Spinnen und Insekten. Die Gewichtung der Nahrungsschwerpunkte ändert sich dabei nicht nur mit der Jahreszeit, sondern auch mit der Verfügbarkeit.

Die Rötelmaus ist nicht nur ein Jäger. Ganz im Gegenteil. Sie muss ständig auf der Hut sein, denn die Liste ihrer Feine ist lang. Wiesel, Schlangen, Eulen, Greifvögel, Marder, Füchse, Wildkatzen, Luchse und Störche zählen dazu. Neben ihrer Wachsamkeit schützt sich die Rötelmaus mit einem weitverzweigten Wegenetz, das sie nutzt, um dem Blick ihrer Feinde zu entkommen. Je nach Gegebenheiten im jeweiligen Habitat ist sie dabei mal mehr und mal weniger erfolgreich. Doch was der Rötelmaus das Leben kostet, sichert auf der anderen Seite das Überleben anderer Tiere. Die Sperbereule zum Beispiel ist besonders auf die Rötelmaus angewiesen. Zur Aufzucht der Jungen stellt diese nämlich fast ausschließlich die Nahrung der Eule dar.

Der Ruf der Rötelmaus

Doch die Rötelmaus hat keinen guten Ruf. Menschen, die sie erblicken, reagieren oft mit Ekel, Angst oder Ärger. Besonders Gartenbesitzer stehen der "Wühlmaus" (das ist der Name ihrer Familie) feindlich gegenüber. Der Grund ist mit Blick auf ihren Namen leicht zu erkennen: Die Rötelmaus gräbt ihr Zuhause häufig tief in das Erdreich – neben oberirdischen Wegen, umfasst der Bau einer Rötelmaus ein weitläufiges Netz aus unterirdischen Gängen und Kammern. Wenn die Möglichkeit besteht, verzichtet sie allerdings auch aufs Graben und legt ihren Bau in abgestorbenen Baumstümpfen an oder baut ihn aus Moos und Laub. Auf ihrem Speiseplan stehen Knospen, Rinde und Früchte – und jenes Obst und Gemüse, das Menschen so ungern teilen. Da ergreift den Gärtner schnell der Futterneid, den Menschen „ihren“ Haustieren stets versuchen auszutreiben.
Doch anders als bei Hunden und Katzen ist bei den Menschen keiner zur Stelle, der das Bellen, Beißen und Kratzen verhindert. Und so werden die Mäusegegner in ihrem Kampf immer erfinderischer – und tödlicher.

Was im heimischen Garten vor sich geht, findet in Städten und Forsten im großen Stil statt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erteilte in den letzten Jahren mehrmals eine "Notfallzulassung" für Ratron Feldmausköder, dessen Gift die Mäuse töten soll. Der "Notfall", der für die Begründung herangezogen wurde, waren hohe Populationsdichten von Feld- und Erdmäusen, die zu Ernteverlusten führten.
Das BVL bewertet die Gefahr für eine indirekte Vergiftung von Haustieren als "sehr gering". Aufgrund des Mangels an Meldungen überträgt sie diese Einschätzung auch auf Wildtiere. Ob diese Einschätzung zutreffend ist, lässt sich allerdings bezweifeln. Immerhin stellen Mäuse für viele Greifvögel – beispielsweise die Sperbereule und Schleiereule - das Hauptnahrungsmittel dar.

Mit unserem Verhalten tragen wir letztlich alle dazu bei, dass die Zahl der Mäuse wächst. Die Zerstörung von Lebensräumen, die Gefahr durch Verkehr und die Tötung von Wildtieren bewirken, dass den Mäusen immer weniger natürliche Feinde gegenüberstehen. Im Gegensatz zu Mäusen schrecken Luchse, Wildkatzen und Greifvögel davor zurück, sich in der Nähe des Menschen niederzulassen. Und der Fuchs – einer der wenigen Fressfeine, der sich ebenfalls in Städten ansiedelt – wird gnadenlos bejagt. Über 450.000 Füchse wurden allein im Jagdjahr 2015/16 deutschlandweit getötet. Die Mäuse freut es. Den Fuchs mit Sicherheit nicht.

 

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