Die Weinbergschnecke

Im Gegensatz zu vielen anderen Schneckenarten kann die Weinbergschnecke regelmäßig auch am Tag beobachtet werden. Vor allem, wenn die Temperaturen mild sind und es regnet, ist sie gerne unterwegs. Andere Schneckenarten bevorzugen eher die Nacht für ihre Streifzüge.

Wo die Weinbergschnecke lebt

Die Weinbergschnecke kann an vielen Standorten vorkommen. Besonders mag sie offene Lebensräume, die gleichzeitig ausreichend Versteckmöglichkeiten bieten. Kein Wunder also, dass Wegränder häufig zu ihrem bevorzugten Aufenthaltsort zählen. Auch im Gebüsch, in und an Hecken sowie in Gärten lebt sie gerne. Dichte Wälder hingegen sind nicht ihr Fall. Denn hier gibt es nicht ausreichend Bodenvegetation. In lichten Wäldern ist sie wiederum sehr wohl zu finden. Hier wachsen aufgrund des ausreichenden Lichteinfalls genug Pflanzen, die Schutz und Nahrung bieten. Aufgrund der Vorteile, die sich mit Blick auf ihr Schneckenhaus ergeben, sind kalkhaltige Böden bei der Weinbergschnecke beliebt. Sind die Böden gleichzeitig nicht zu trocken, sind ihre Lebensraumbedingungen erfüllt.

Was die Weinbergschnecke isst

Die sich vegetarisch ernährende Weinbergschnecke ist wenig spezialisiert. Am liebsten greift sie auf welke Pflanzenteile zurück. Aber nicht ausschließlich. Auch die frischen Pflanzenteile werden von ihr zu Nahrungszwecken genutzt. Zur Nahrungsaufnahme verfügt die Weinbergschnecke über ein faszinierendes Hilfsmittel: ihre Radula. Auch Reib- oder Raspelzunge genannt, ist Radula die Bezeichnung für ein Mundwerkzeug bei Weichtieren. Im Falle der Weinbergschnecke stattet es sie mit sage und schreibe ca. 40.000 Zähnchen aus. Hiermit lässt sich effektiv arbeiten.

Übrigens: Hartnäckig hält sich die Meinung, die Weinbergschnecke würde die Gelege anderer Schneckenarten ebenfalls als Nahrung nutzen. Doch das trifft nicht zu. Ebenfalls gibt es unter erwachsenen Weinbergschnecken keinen Kannibalismus. Dieser kann zwar vorkommen, allerdings nur bei Jungtieren in der Bruthöhle.

Die Weinbergschnecke und der Mensch

Die Eiszeit hat die Weinbergschnecke im Süden Europas überdauert. Erst in Folge sich erwärmender Temperaturen breitete sie sich wieder Richtung Norden aus. Begünstigt wurde das vom Menschen. Denn durch immer großflächigere Rodungen und das Gestalten einer Kulturlandschaft, die von Wiesen, Feldern und Hecken geprägt war, entstanden ideale Bedingungen für die Weinbergschnecke. Dieser positive Einfluss des Menschen auf die Bestände der Weinbergschnecke hielt aber nicht lange. Die großen Schnecken wurden eingesammelt und zum Verzehr benutzt. Das Sammeln von Weinbergschnecken war sehr erträglich. So kam es, dass immer mehr Menschen dieser Tätigkeit nachgingen.

Wie so oft, wenn der Mensch nur auf den Profit blickte, nahm die Geschichte kein gutes Ende. Die Bestände der Weinbergschnecke gingen immer weiter zurück, bis sie eines Tages fast ausgestorben war. Das konnte zum Glück abgewendet werden.

Heute steht die Weinbergschnecke in Deutschland unter strengem Schutz und darf nicht mehr gesammelt werden. Zumindest wild lebende Tiere können so ein Leben ohne Verfolgung durch den Menschen führen. Eine viel größere Bedrohung für die Weinbergschnecke ist heute der rapide Rückgang von geeigneten Lebensräumen. Heiße, regenfreie Sommer setzen ihr zu. Für sie wäre der Erhalt von Saumbiotopen, die bestenfalls auch über wasserspeicherndes Totholz verfügen, von großer Wichtigkeit.

Übrigens: Auch wenn wir die Weinbergschnecke in der kalten Jahreszeit nicht zu Gesicht bekommen, ist sie trotzdem da. Denn sie überdauert den Winter in einer Kältestarre. Dafür zieht sie sich in die Erde zurück und verschließt ihr Schneckenhaus mit einem Kalkdeckel. In kalkarmen Gebieten nimmt die Weinbergschnecke Teile dieses Deckels wieder auf, um einem Kalkmangel vorzubeugen.

Einen Artikel von mir, in dem es darum geht, dass wir unseren Umgang mit Schnecken schleunigst überdenken und ändern sollten, findet ihr hier.

Die Paarung der Weinbergschnecke beginnt mit dem Duft. Die Begegnung von zwei paarungswilligen Tieren ist nämlich alles andere als ein Zufall. Selbst für uns Menschen ist eine paarungsbereite Weinbergschnecke erkennbar. Nur sollten wir uns dabei nicht auf unsere Nase verlassen, sondern lieber auf unsere Augen. Denn wenn die Drüse, die für die Erzeugung der Lockstoffe verantwortlich ist, aktiv ist, können wir sie an einer Ausbeulung am Kopf erkennen.

Dabei ist der Lockstoff, den die Weinbergschnecke produziert, über die Artengrenze hinweg wirksam. So kann es durchaus vorkommen, dass der Spur des Duftes auch zum Beispiel Bänderschnecken folgen. Mitunter bemerken die „Falschen“ ihren Irrtum nicht. In solchen Fällen kommt es immer wieder zu Paarungen über die Artgrenzen hinweg. In der Regel ist der Nachwuchs dieser Kreuzungen aber nicht in der Lage, sich seinerseits fortzupflanzen. Jedoch kann es durch eine solche Bastardierung auch zur Bildung neuer Arten kommen.

Die eigentliche Paarung bei Weinbergschnecken geht schnell vonstatten – im Gegensatz zu ihrem Vorspiel. Bis zu 20 Stunden nehmen sie sich hierfür Zeit. Da ist es natürlich von Vorteil, wenn man sich geschützt in möglichst dichter Vegetation befindet, wie auf dem Bild zu sehen. Teil des Vorspiels kann auch das „Beschießen“ mit dem sogenannten Liebespfeil sein. Der Liebespfeil ist 7 bis 11 Millimeter lang und besteht aus Kalk. Wird er nicht benötigt, verwart ihn die Schnecke in einem Pfeilsack. Welche Rolle dieser Liebespfeil hat, war lange Zeit unklar. Denn zwingend notwendig für die Paarung ist er nicht. Es kann hingegen sogar vorkommen, dass die Schnecke ihn falsch einsetzt und auf den Boden fällt. Auch wenn die Zeit zwischen zwei Paarungen nicht ausreichend lang zur Ausbildung eines neuen Liebespfeils war, ist eine erneute Paarung dennoch möglich. Heute weiß man, dass mit dem Pfeil auch ein Sekret in den Partner injiziert wird. Es enthält Hormone, die sich positiv auf eine erfolgreiche Weitergabe der Gene auswirken.

Übrigens ist die Bezeichnung „Liebespfeil“ ein wenig irreführend. Denn verschossen wird er nicht. „Liebesdolch“ wäre im Grunde eine bessere Bezeichnung. Denn er wird in den Körper des Partners gestochen.

Für den eigentlichen Paarungsvorgang suchen sich die Partner eine für beide annehmbare Position aus. Das kann von Paar zu Paar unterschiedlich lange dauern. Im Zuge des Paarungsvorgangs bilden die Weinbergschnecken ein Samenpaket aus, das Spermatophore genannt wird. Zu diesem Zeitpunkt ist es für die beiden Partner von entscheidender Bedeutung, nicht gestört zu werden. Denn die Spermatophore ist mit etwa 10 Zentimetern relativ lang. Auch wenn sie erfolgreich im Genitalapparat des Partners platziert wurde, schaut sie noch eine gewisse Zeit aus der Geschlechtsöffnung heraus. So verharren die Partner bewegungslos am Ort des Geschehens und warten ab, bis sich die Spermatophore vollständig im Partner befindet.

Eine Störung zu diesem sensiblen Zeitpunkt kann zur Folge haben, dass die Befruchtung und damit der komplette Paarungsvorgang ohne Erfolg bleiben. Nicht nur wegen der oft 20-stündigen Vorbereitung sollten wir den Tieren die Ruhe geben, die sie brauchen. Befolgen wir die goldene Regel „Beobachtet wird mit den Augen“ haben wir in diesem Fall schon viel bewirkt.

Kann die Weinbergschnecke ihr Haus verlassen?

Die Weinbergschnecke kann ihr Haus nicht verlassen. Denn sie ist mit ihm verwachsen. Wird diese Verbindung unterbrochen, stirbt die Schnecke.

Wie so oft in der Natur bedeutet das Sterben eines Tieres aber das Leben eines anderen. Und so könnte aus dem Schneckenhaus die sprichwörtliche Wiege neuen Lebens werden. So gibt es zum Beispiel die Schneckenhausbiene, die sich - der Name lässt es vermuten - auf Schneckenhäuser spezialisiert hat. Die Wildbiene legt ihre Brut im Schneckenhaus an und verschließt es dann, um es vor Fressfeinden zu schützen. Wie einst die Schnecke kann nun der Wildbienennachwuchs gut geschützt darin heranwachsen.

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  • Eine - mir wichtige - Frage, werte Farina: in meinem Garten(=BEWUSST eine kleine Wildnis) fand ich erst zweimal Gehäuse ähnlich dem auf Ihrem Bild. SIND SOLCHE GEHÄUSE _EINDEUTIG_ DIE VON WEINBERGSCHNECKEN? Oder könnte es sein, dass ich mir falsche Hoffnungen mache? (Nein, _nicht_ auf das Essen).
    Meinen Dank, Ihr
    D.F.