Der Basstölpel

Der Mensch hat die einst riesigen Schwärme der Basstölpel vor 100 Jahren auf etwa 100.000 Tiere schrumpfen lassen. Nach dem weitestgehenden Verbot der Jagd konnte im Jahr 1991 in Deutschland zum ersten Mal ein brütender Basstölpel beobachtet werden – auf der Insel Helgoland. Heute bauen dort über 600 Brutpaare ihre Nester auf den roten Steilklippen.

Die Nahrungssuche

Basstölpel können uns in vielen Bereichen mit fast unglaublichen Fähigkeiten begeistern. So auch bei der Nahrungssuche. Hier legen sie Entfernungen zurück, die nur wenige andere Arten erreichen. Bei einem brütenden Basstölpel ist belegt, dass er sich zum Jagen unglaubliche 320 Kilometer von der Brutkolonie entfernte. Und das ist bei Weitem kein Einzelfall. Etwa zwei Prozent der auf der schottischen Insel Bass Rock brütenden Basstölpel legt zur Nahrungssuche zwischen 280 und 320 Kilometern zurück. Forscher vermuten, dass Basstölpel dafür noch viel weitere Strecken zurücklegen. Belegt ist das bislang aber nicht. In der Regel sind ihre Nahrungsgründe viel näher an der Brutkolonie. Somit müssen die großen Vögel im Schnitt „nur“ 150 Kilometer zurücklegen, um ihren Hunger zu stillen.

Die Nahrung der Basstölpel besteht aus Fischen. Am liebsten greifen sie auf Schwarmfische zurück. Dazu gehören zum Beispiel Sardinen, Makrelen oder Heringe. Auf der Suche nach Fischen überfliegen die Basstölpel das Meer in eine Höhe von etwa 10 bis 45 Metern. Meistens halten sie sich aber unterhalb von 20 Metern auf. Der Grund für ihre Vorliebe für Schwarmfische liegt auf der Hand: Ist erst einmal ein Schwarm entdeckt, ist der Tisch reich gedeckt. Der Vogel kann seinen Hunger stillen und ausreichend Nahrung für den Nachwuchs in der Kolonie mitnehmen.

Auf dem Bild seht ihr übrigens die Nahrungsübergabe an den Partner.


Die nächste Generation ist gesichert ☺ Hier könnt ihr sehen, wie es aussieht, wenn die Helgoländer Basstölpel für Nachwuchs sorgen. Die Aufnahmen sind bei meinem letzten Besuch auf Helgoland im März entstanden.



In den großen Brutkolonien ist ein lautstarker Streit zu vernehmen. Die besten Plätze sind hart umkämpft und so wird mit den Schnäbeln gehackt, gebissen und mit den Flügeln geschlagen. Doch der Streit sieht schlimmer aus als er ist und endet in der Regel glimpflich.

Volle Landebahn auf Helgoland

In der Helgoländer Basstölpel-Kolonie herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Angesichts der vollen Landebahn wird darauf mit lautstarken Rufen reagiert. Doch auf den Steilklippen liegt nicht nur Protest in der Luft, sondern auch die Freude des Wiedersehens. Bei jeder Rückkehr begrüßen sich die Basstölpel-Partner überschwänglich. Das „Schnäbeln“ darf bei diesem kleinen Konzert selbstverständlich nicht fehlen - es ist eine Zeremonie, die im Laufe der Balz ohne Ermüdung wiederholt wird.

Der Anflug der Basstölpel hat mich bei meinem Besuch auf Helgoland besonders beeindruckt. Deswegen freue ich mich umso mehr, dass ich dieses Erlebnis in einer Zeitlupenaufnahme festhalten konnte:

Der Körperbau der Basstölpel

Basstölpel sind aufgrund ihres Körperbaus auf einige Dinge spezialisiert. Eine Sache zählt aber ganz sicher nicht dazu: der Anflug. Hierfür benötigen sie entweder reichlich Anlauf oder sie lassen sich einfach in die Tiefe fallen. Das ist ein Grund für ihre Vorliebe, an Klippen zu brüten. Begleitet wird das oft von einem seltsamen, stöhnenden Geräusch. Bei meinen Besuchen bei den Basstölpeln auf Helgoland hat mir das jedes Mal ein Lächeln auf die Lippen gezaubert.

Doch die Steilküsten bieten den Basstölpeln noch einen weiteren Vorteil. Aufgrund der Beschaffenheit solcher Küsten gibt es hier ausreichend Aufwinde. Diese wissen die Basstölpel für sich zu nutzen. Sie sind erstklassige Gleitflieger. Ihre Flügelspannweite von bis zu zwei Metern kommt ihnen dabei natürlich zu Gute.
Bei ihren Gleitflügen halten sie stets Ausschau nach geeigneter Beute. Ihre guten Augen sind dafür ein wichtiger Helfer. Um an die Beute zu gelangen, kommt eine weitere Körpereigenschaft ins Spiel. Ihr Körper ist stromlinienförmig aufgebaut. Das ermöglicht es ihnen, sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h torpedoartig auf ihre Beute zu stürzen. Damit haben sie oft Glück. Ihre Nahrung, wie zum Beispiel Makrele oder Hering, würde das gewiss anders bewerten.

Wie der Basstölpel zu seinem Namen kam

Schon im Jahre 1448 wird eine Felseninsel vor der schottischen Küste erwähnt. „Bass Rock“ beheimatet eine große Kolonie von Basstölpeln. Daher kommt der erste Teil des deutschen Namens. Der zweite - wenig schmeichelhafte - Teil ist auf eine positive Wesenseigenschaft dieser Vögel zurückzuführen. Nicht etwa, wie man meinen könnte, auf ihre tölpelhaft wirkenden Gehversuche an Land oder die grobmotorischen Landungen neben ihren Partnern in den Brutkolonien. Nein, „Tölpel“ ist auf ihr gutmütiges, zutrauliches Wesen zurückzuführen. So landeten sie oft auf Schiffen und zeigten dort keine Scheu vor dem Menschen. Seefahrer erlegten die Vögel und nannten sie verächtlich auf Portugiesisch „Bobo“ oder „Dummkopf“. Gleiches zutrauliches Verhalten wurde den Basstölpeln auch in den Kolonien zum Verhängnis. Hier wurden sie ebenfalls zur leichten Beute des Menschen. In England bürgerte sich, als Ableitung von Bobo die Bezeichnung „Booby“ für alle Arten der Gattung „Sula“ ein. Im Jahre 1750 übersetzte Jacob Theodor Klein dies mit „Tölpel“ ins Deutsche. Diese Bezeichnung hat sich dann immer mehr für die Mitglieder der Familie der Ruderfüßer durchgesetzt. Übrigens, auch ihr Gattungsname leitete sich von dumm, tölpelhaft ab. So stammt Morus vom altgriechischen moros, was so viel wie dumm oder tölpelhaft bedeutet.

Schon lange bevor der Basstölpel sich Helgoland als Brutgebiet erschlossen hat, war er regelmäßig an deutschen Küsten oder Inseln zu beobachten. Daher gibt es auch eine Reihe volkstümlicher Namen für ihn. Eine ganze Reihe bezieht sich, wie der heutige „offizielle“ deutsche Name auf die Felseninsel Bassrock. Bassaner Pelikan, Tölpel von Bassan oder auch bassanscher Tölpel waren weitverbreitete Bezeichnungen. Die Namen Bassaner Gans oder auch schottische Gans offenbaren die großen Wissenslücken im biologischen Bereich zu früheren Zeiten. Etwas seltener war die Bezeichnung Seerabe, welche sich auf die rauen Rufe dieser Vögel bezog.

Basstölpel bleiben ihren Brutgebieten treu

Basstölpel sind bei der Wahl ihrer Brutgebiete sehr standorttreu. Weil sie die Gesellschaft mögen, gibt es nicht viele, dafür aber große Brutgebiete. Bevorzugt wählen sie Inseln mit steilen Klippen. Zusammen mit der Größe der Brutkolonien bietet ihnen das den bestmöglichen Schutz. Die Brutplätze nutzen sie über Jahrzehnte und geben das Wissen an ihre Nachkommen weiter. Es kommt aber vor, dass Basstölpel in einer anderen Kolonie brüten, als sie geboren wurden. Die nachgewiesen ältesten Gebiete werden seit mindestens hundert Jahren zur Brut aufgesucht. Gerade wegen dieser Standorttreue ist es für die Basstölpel wichtig, dass ihre Brutgebiete geschützt werden.

Bei uns in Deutschland denken wir vor allem an Helgoland, wenn es um Basstölpel geht. Global gesehen ist die dort ansässige Kolonie aber kleiner und unbekannter, als man vermuten möchte. Am bekanntesten ist Bass Rock – eine an der schottischen Ostküste gelegene Insel. Doch die schottische Küste hat noch mehr zu bieten: Weitere Kolonien finden sich auf den Halbinseln St. Kilda und Sula Sgeir. Die Kolonie auf St. Kilda ist derzeit die größte in Europa. Auch in Norwegen, Island und Frankreich schließen sich Kolonien zusammen.

Einmal erfolgreich gebrütet, zieht es die Basstölpel jedes Jahr in die gleiche Kolonie zurück. Bislang wurde noch kein Fall beobachtet, in dem ein Vogel die Kolonie wechselt, nachdem er seine Brut woanders erfolgreich abgeschlossen hat.
Wann die Tiere an Land kommen und ihre Kolonien bilden, hängt von der Lage ab. So bildet sich die Kolonie auf Bass Rock beispielsweise viel früher im Jahr als die in Island. Unabhängig von der Region kommen die bruterfahrenen Tiere oft als erstes an der Kolonie an. Erst einige Wochen später folgen ihnen nichtbrütende Tiere.

Die Suche nach dem passenden Nistplatz

In der Regel kehren Basstölpel im Alter von zwei bis drei Jahren das erste Mal an Land zurück. Hier kommt ihnen der Platz am Rande der Kolonie zu. Interessant ist, dass die Männchen unter ihnen zu diesem Zeitpunkt schon Ausschau nach unbesetzten Nestern halten. Erspähen sie beim Überfliegen der Kolonie ein solches Nest, kommt es vor, dass sie es besetzen. Kommt der rechtmäßige Besitzer vom Fischfang zurück, zieht der Besetzer sich allerdings kampflos zurück. Wenn in den ersten Tagen jedoch kein Alttier Anspruch auf das Nest erhebt, beginnt das Jungtier sein erobertes Nest zu verteidigen.

Am begehrtesten sind Brutplätze an steilen Klippen und auf Felssimsen. Erst wenn diese Plätze belegt sind, werden auch flache Stellen wie Inselkuppen genutzt. Dabei ist nicht allein der Sicherheitsaspekt entscheidend. Basstölpel sind gegenüber ihren Artgenossen nicht zimperlich und fallen oft durch ein erhöhtes Agressionspotenzial auf. Gleichzeitig ist es den großen Vögeln aber kaum möglich vom platten Land aus zu starten. Sie müssen also zum Klippenrand gehen. Das ist beschwerlich – vor allem angesichts der streitsüchtigen Nachbarn.

Diebstahl beim Nestbau

Die Nester der Basstölpel bestehen bestenfalls aus Seetang, Erde oder anderen Pflanzenteilen. Leider wird immer häufiger Plastik zum Nestbau verwendet. Vor allem Fischernetze fordern viele Todesopfer.
Da die Nester in der stürmischen Winterzeit zerstört werden, müssen Basstölpel jedes Jahr neu bauen. Die Beschaffung des Nistmaterials fällt in die Zuständigkeit des Männchens. Die Bauzeit dauert die gesamte Brutzeit an. Klug wie sie sind, sammeln Basstölpel ihr Nistmaterial nicht unbedingt selber. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, beklauen sie auch gerne ihre Nachbarn. Weil sich daran alle beteiligen, kann man wohl behaupten, dass es sich dabei durchaus um ein gerechtes System handelt. Die Rolle von Opfer und Täter wechselt ständig, ein ewiger Kreislauf von Klauen und beklaut werden.

Die Brut in der Kolonie

Bei Koloniebrütern, vor allem bei jenen, die auf Felsen und Klippen brüten, ist die Wahl des Nistplatzes ein entscheidender Faktor für Erfolg oder Misserfolg. Am besten ist ein vor Wettereinflüssen und Feinden weitestgehend geschützter Brutplatz im Zentrum der Kolonie. Wann sich die Vögel zur Brut zusammenfinden, hängt in erster Linie vom Ort der Kolonie und in zweiter Linie von der Artzugehörigkeit ab.



Brutplatz gefunden? Partner anwesend? Artgenossen auf Abstand gehalten? Wunderbar, dann kann es losgehen. Basstölpel legen nur ein Ei. Die Brutzeit beträgt etwa 42 bis 46 Tage. Bebrütet wird das Ei von beiden Partnern.
Bei der Brut können Basstölpel mit interessanten Besonderheiten aufwarten. Zum Beispiel sind ihre Eier im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht viel leichter als bei anderen Meeresvögeln. Außerdem fehlt den Basstölpeln der Brutfleck. Daher brüten sie mithilfe der Schwimmhäute. Mit ihnen wird das Ei von beiden Seiten umfasst. Da die Schwimmhäute gut durchblutet sind, wird das Ei auf diese Weise wunderbar gewärmt.
Es kommt durchaus vor, dass sich in einem Nest zwei Eier befinden. Diese sind aber nicht beide von den Nestinhabern. Vielmehr wurde eins von einem anderen Vogel in das Nest gelegt oder aus einem anderen Nest geklaut. Nur wenn ein Brutpaar sein Ei verliert, legt es ein zweites nach.

Was ist ein Brutfleck?

„Brutfleck“ ist ein ornithologischer Fachbegriff. Damit wird eine Stelle am Bauch von Vögeln beschrieben, die zum einen sehr gut durchblutet und zum anderen kleingefiederfrei ist. Über diese Stelle ist bei der Brut eine bessere Wärmeübertragung auf das Ei möglich.

Brutflecken treten, je nach Art, in unterschiedlicher Anzahl auf. Gänse haben beispielsweise drei Brutflecken, Greifvögel hingegen nur einen. Andere Arten wie zum Beispiel Kormorane oder eben Basstölpel brüten komplett ohne Brutfleck. Übrigens bilden Gänse ihre Brutflecken bewusst aus, indem sie sich Federn entfernen. Bei den meisten Vögeln wird die Ausbildung des Brutflecks hingegen hormonell gesteuert.
In der Regel verschwinden Brutflecken nach der Brut wieder, aber auch da gibt es Ausnahmen. Bei vielen Tauben zum Beispiel bleibt der Brutfleck auch nach dem Brutgeschäft bestehen.

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  • toll

    toller Bericht