Tüter ist der plattdeutsche Name des Rotschenkels. Jeder, der schon einmal das Glück hatte, seinen Rufen lauschen zu dürfen, weiß sofort, wie es zu diesem Namen gekommen ist. Die Rufe des Rotschenkels ließen einfach keinen anderen Namen zu als "Tüter". Ebenso charakteristisch wie sein Ruf sind seine roten Beine und der rote Schnabel mit der dunkel gefärbten Schnabelspitze. Sowohl männliche als auch weibliche Rotschenkel weisen diese Rotfärbung aus. Alles dazwischen ist, wie für Watvögel üblich, eher schlicht gefärbt.
Seine Nahrung
Zur Lieblingsnahrung des Rotschenkels gehören neben Insekten, Regenwürmern und Schnecken auch Muscheln, Krebse und Fische. Offenbar spart er sich gerne die Arbeit, die Schalen der Muscheln zu knacken. Denn mitunter ernährt er sich zu einem erheblichen Teil lediglich von den abgepickten Siphonen der Schalenweichtiere und verzichtet auf das Muschelinnere. Das Siphon (oder Sipho) ist das röhrenförmige Organ, mit dem sich die Muscheln, tief im Sand vergraben, beispielsweise mit sauerstoffreichen Frischwasser versorgen können.
Bei der Nahrungssuche verfolgt der Rotschenkel zwei Strategien: Einerseits stochert er mit seinem langen Schnabel im Boden und erfühlt dabei die Nahrung. Andererseits erspäht er seine Beute und läuft dann gezielt auf sie zu.
Der Nachwuchs des Rotschenkels verlässt als Nestflüchter bereits einen Tag nach dem Schlüpfen das Nest und sucht selbstständig nach Nahrung. Dabei lassen ihn die Eltern nicht aus den Augen. Bei Gefahr fliegen sie dem Feind mit großem Geschrei entgegen, um die Küken zu beschützen. Diese legen sich währenddessen flach auf den Boden, sodass sie vor hungrigen Blicken verborgen sind.
Außerhalb der Brutzeit begibt sich der Rotschenkel gerne in der Gruppe auf Nahrungssuche. Dabei hat er ein rekordverdächtiges Tempo drauf: An der Küste erbeutet er bei Niedrigwasser bis zu 12.000 Schlickkrebse. Das sind bis zu 50 Krebse pro Minute!
Die Brut der Rotschenkel
Rotschenkel sind Bodenbrüter und als solche auf eine gute Tarnung angewiesen. Das gilt insbesondere für das Gelege und die darin befindlichen Eier. Etwa ab April beginnt das Männchen damit, Nistmulden zu errichten. Diese meist mit Gras ausgelegten Mulden werden später mit Hilfe von Halmen aus der direkten Umgebung haubenförmig überwölbt. Somit sind sie von oben nur schwer sichtbar und vor Beutegreifen besser geschützt.
Das Weibchen legt in der Regel vier Eier. Diese werden von beiden Partnern abwechselnd 22 bis 25 Tage lang bebrütet. Als Nestflüchter verlässt der Nachwuchs bereits am zweiten Tag seines Lebens das Nest und beginnt die Umwelt zu erkunden. Er sucht dann auch schon selbst sein Futter, wird aber von den Altvögeln wachsam betreut und beschützt. Gerade zu dieser Zeit kann man den Rotschenkel oft auf Erhöhungen sitzend beobachten. In unserer Kulturlandschaft sind die Erhöhungen oft Pfähle von Zäunen. Von hier aus haben die Altvögel einen guten Überblick und können Gefahren frühzeitig erkennen.
Nach etwa 25 Tagen kann man den Nachwuchs bei seinen ersten Flugversuchen beobachten, nach etwa 40 Tagen ist er erwachsen. Rotschenkel ernähren sich hauptsächlich von Insekten, Würmern und Mollusken. Wirklich beeindruckend ist die Zahl an Schlickkrebsen, die ein einziger Rotschenkel pro Niedrigwasser erbeuten kann. Er kommt hier auf rund 12.000 Stück pro Niedrigwasser, das entspricht 10 bis 50 Krebsen die Minute.
Wie geht es den Rotschenkeln?
Der Bestand an sich ist nicht gefährdet. Allerdings täuscht diese Tatsache darüber hinweg, dass die Bestände rückläufig sind. Das Insektensterben, der Klimawandel und vor allem der Verlust des Lebensraums setzen dem Rotschenkel stark zu. Das trifft auf die Brutgebiete, wie auch auf die Überwinterungsgebiete zu. Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind eine Veränderung in der Landwirtschaft und ein Ende des schnell fortschreitenden Flächenverbrauchs dringend notwendig. Zudem liegt es natürlich auch an jedem Einzelnen, seinen Beitrag zu liefern und gerade zur Brutzeit Rücksicht zu nehmen. Auf den Wegen bleiben und Hunde anleinen ist für uns leicht zu erfüllen, für viele Bodenbrüter aber überlebenswichtig.
Rotschenkel im Winter
Vielleicht habt ihr euch auch schon gewundert, wenn ihr im Winter einen Trupp Rotschenkel im Wattenmeer beobachten konntet. Sind das nicht Zugvögel? Ja richtig, Rotschenkel sind Zugvögel. Und dennoch können wir sie auch im Winter an unserer Küste beobachten. Der Grund: Die Vögel, die wir im Winter beobachten, sind nicht die gleichen Vögel, die im Frühling und Sommer bei uns sind.
"Unsere" Rotschenkel ziehen in der Tat in den Süden, genauer gesagt nach Süd-West Europa. Die Rotschenkel, die wir im Winter hierzulande antreffen, gehören zu einer kleineren Population, die zumeist aus Island zum Überwintern zu uns kommt. Die isländischen Rotschenkel sind einfach etwas härter als "unsere" deutschen Rotschenkel.
Und das ist auch in dreifacher Hinsicht gut so. Für die isländischen Rotschenkel, weil sie im Winter ihre Ruhe haben. Für die deutschen Rotschenkel, weil sie ihre Nahrung nicht mit den isländischen teilen müssen. Und schlussendlich auch für uns. Denn so können wir diese tollen Vögel das ganze Jahr über beobachten.
Lebensräume
Der Rotschenkel gehört zu den charakteristischen gefiederten Bewohnern von Salz- und Feuchtwiesen. Dort nutzt er das abwechslungsreiche Angebot von feuchten Flächen und lückiger Vegetation. In dieser Landschaft kann er emsig nach Beutetieren stochern und picken sowie in Inseln mit höherer Vegetation geschützt seinen Nachwuchs aufziehen.
Wie zum Beispiel der Kiebitz und die Uferschnepfe wird der Rotschenkel als Wiesenlimikole bezeichnet. Limikolen - auch Watvögel genannt – leben am oder in der Nähe vom Wasser. Ihre Jungen gehören fast alle zu den Nestflüchtern und verlassen damit bereits kurze Zeit nach dem Schlüpfen das Nest. Zahlreiche Limikolen lassen sich an den Küsten der Nord- und Ostsee beobachten. Wiesenlimikolen wie der Rotschenkel fühlen sich allerdings auch in verschiedenen Lebensräumen, die ihnen das Binnenland bieten, wohl.